Das Ponyprojekt - Teil XI

Was macht eigentlich Styggur?


Styggur war von Anfang an mein Problem-Isi. Er kam im Alter von zehn Jahren in meine Hände. Zuvor war abgesehen von seiner Kastration in seiner Jugend nichts mit ihm geschehen und so ist er mit den Jahren verwildert. Man konnte ihn bestenfalls an der Nase streicheln und auch das nur, wenn man ihn zuvor mit einem Leckerchen bestochen hatte. An weiteres Anfassen oder gar Halftern war nicht im Entferntesten zu denken. So sah es vor nun beinahe zwei Jahren aus - denn so lange ist es schon wieder her, dass ich das Ponyprojekt in Angriff genommen habe.

 

Und was ist seitdem passiert? In Bezug auf Styggur zunächst erst mal viele Monate lang gar nichts. Ich habe mich zuerst mit den weniger komplizierten Fällen beschäftigt: Sóley und Moli angeritten, mit Frekur gearbeitet und ein neues Zuhause für ihn gefunden, in dem er geliebt und gefördert wird. Selbst meine wilde schwarze Stute Kráka geht inzwischen problemlos im Schritt unter dem Reiter. Ein Meilenstein, wenn man bedenkt, dass auch sie sich anfangs nicht anfassen ließ.

Die Situation mit Styggur dümpelte also so vor sich hin, bis ich Anfang dieses Jahres die Nase von ihm voll hatte. Ja, er ist der Hübscheste aus der Bande. Er ist groß und schön und auffällig. Aber ich habe keinerlei Fortschritte in seinem Verhalten mir gegenüber gesehen. Ich wollte ihn loswerden, hatte ihn aufgegeben. Dann war Ende Januar der Tierarzt meines Vertrauens hier und ich habe ihn gefragt, ob man Styggur nicht mit einem Blasrohr betäuben kann, um ihm zumindest ein Halfter anzulegen. Ich war mir sicher, dass mit einem Halfter alles ganz einfach gehen würde. Der Tierarzt riet mir aber von dieser Vorgehensweise ab. Man kann ein Tier mit einem Blasrohr nur sedieren und nicht narkotisieren und er meinte, dass eine solche Sedierung bei einem zu Panik neigenden Pferd möglicherweise nichts bringen und das Tier seine letzten Kräfte mobilisieren würde, um sich zu wehren.

 

Also habe ich davon Abstand genommen und habe endlich den einzigen mir sinnvoll erscheinenden Weg eingeschlagen: Zeit und Geduld. Ich hätte das schon längst tun müssen, aber ich bin eben jemand, der einfach seine Zeit braucht. Und wie sagt man so schön? Besser spät als nie.

 

 

Seit Ende Januar arbeiten Styggur und ich nun jeden Morgen im Roundpen. Von Anfang an ist er mir willig dort hinein gefolgt. Natürlich bekommt er dort Futter - so ganz ohne würde er wohl nicht mit mir kommen. Zunächst darf er in Ruhe fressen, wobei ich ihn anfangs gar nicht gestört habe und ihn jetzt streichle oder putze. Ja, ihr habt richtig gelesen: Es ist mittlerweile möglich ihn zu putzen. Nicht wie bei einem ausgebildeten Pferd, man muss schon vorsichtig sein, sich achtsam bewegen und immer im Auge haben, was er denkt. Wir arbeiten auch immer mit Futterlob. Ich weiß, das ist nicht jedermanns Sache und auch ich mache das nicht bei allen Pferden. Aber bei dieser ängstlichen Kreatur sind Leckerchen einfach unerlässlich. Verfressen ist er nämlich sehr.

 

Er ist in den letzten Wochen sehr viel weniger scheu geworden und lässt sich fast am ganzen Körper berühren. Vorne mag er lieber als hinten, denn er ist noch immer sehr misstrauisch und möchte am liebsten immer sehen, was ich gerade mache. Deshalb ist es auf seiner rechten, also der blinden Seite auch schwieriger. Aber ich bin schon über die Maßen stolz und froh, dass ich ihn links berühren und putzen darf. Es sieht so aus, als würden wir zwei doch noch Freunde werden!

Hier ist ein Foto, das dieses Jahr im Februar entstanden ist. Zu sehen sind Styggur und Sóley, hinter der Kamera stand die wunderbare Juliane Kühn.

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